MASTER GARDENER (Filmkritik)

Kurzmeinung: Spannender, sanfter und sinnlicher Garten-Thriller!

Copyright The Jokers Films

Der neue Film von Paul Schrader – Drehbuchautor der Scorsese-Klassiker TAXI DRIVER (1976) und RAGING BULL (1980) sowie Regisseur von FIRST REFORMED (2017) und THE CARD COUNTER (2021) – ist ein kleines Filmjuwel geworden, das eine ganz besondere Poesie und Finesse ausstrahlt. Die Thrillerqualitäten von MASTER GARDENER kommen dabei nicht zu kurz.

Vom White-Supremacy-Anhänger zum Chef-Gärtner

Narvel Roth (Joel Edgerton) ist Chef-Gärtner von Gracewood Gardens, einem prachtvollen Anwesen im Stil der US-Kolonialarchitektur im Besitz der wohlhabenden Mrs. Haverhill (Sigourney Weaver), mit der er ebenfalls eine Affäre hat. Was die weiteren Gärtner ignorieren: Roth ist ein ehemaliger Anhänger der White-Supremacy-Ideologie und steht im Zeugenschutzprogramm. Seine früheren Weggefährten hat er verraten. Trost und Zuflucht vor seiner Vergangenheit findet er in einem routinierten Tagesablauf und seinem quasi rituellen Schreiben von Tagebüchern. Der Gartenbau ist ihm dabei eine wertvolle Stütze. Roths Existenz wird auf den Prüfstand gestellt, als Mrs. Haverhill ihm aufträgt, ihre kürzlich verwaiste, dunkelhäutige Großnichte Maya (Quintessa Swindell), die mit Drogenproblemen zu kämpfen hat, als Lehrling einzustellen, damit sie danach Gärten und Anwesen übernehmen kann … Daraus entwickelt sich ein spannender, sinnlicher und vor allem sehenswerter Thriller!

Brutalität, Poesie und Erlösung

Schraders Film ist provokativ und poetisch zugleich, indem er den älteren, mit Hakenkreuzen tätowierten Roth der jüngeren, braunhäutigen Maya gegenüberstellt. Die Liebesgeschichte, die sich zwischen den scheinbar so fernen Figuren entwickelt, wird von Schrader so zart und fein inszeniert, dass sie ganz ohne Kitsch auskommt. Das ist auch dem gelungenen Schauspiel von Egerton und Swindell zu verdanken: Die Chemie zwischen den beiden funktioniert einwandfrei und trägt den Film.

MASTER GARDENER hat auch seine brutalen Momente, die im Kontrast zur Liebesgeschichte stehen, diese dafür aber umso wichtiger und kostbarer erscheinen lassen. Flashbacks in die gewalttätige Vergangenheit von Roth sowie die missliche Lage Mayas mit ihrem Drogendealer-Freund, die auf gutem Weg ist, Roth zurück in die Brutalität driften zu lassen, sorgen für solch harte Szenen.

Schrader geht es aber vor allem um Erlösung, Wiedergutmachung und Verzeihung. Diese Themen werden im Film unter anderem durch die Gartenmetapher verkörpert – Maya ist wie eine zarte Blume in Roths Garten, um die er sich kümmern muss, damit sie in all ihrer Schönheit erstrahlt. Und wenn sie dann einmal blüht, dann hat er sich auch gleich selbst geheilt. Die Gärtnerei als Genesung also. Da sind Voltaires berühmte Worte aus Candide oder der Optimismus (1759) nicht weit: „unser Garten muss kultiviert werden”.

Nicht zuletzt predigt MASTER GARDENER auch die Tugend der Beherrschung: Roth ist die Selbstbeherrschung par excellence, Maya versucht ihr eigenes Leben unter Kontrolle zu bekommen und beide tun letztlich nichts anderes als sich gegenseitig bezähmen! Doch genügt dies auch, um sich am Ende gegen ein immer feindlicheres Umfeld behaupten zu können? Das muss der Zuschauer selbst herausfinden!

Wer ein beherrschtes Leben führt, dem wird am Ende das Glück gewährt … und Schraders Inszenierung ist selbst so bedacht, dass der Film als erfrischend zurückhaltend beschrieben werden kann und den Zuschauer dadurch beim Abspann ebenfalls glücklich zurücklässt!

MASTER GARDENER

Regie: Paul Schrader / USA / 2022 / 111 Minuten

Besetzung: Joel Egerton, Sigourney Weaver, Quintessa Swindell, Esai Morales, Rick Cosnett, Amy Lee

Produktion: Amanda Crittenden, David Gonzales, Scott LaStaiti

Freigabe: 16

Verleih: Leonine Distribution

(Diese Kritik ist zuerst bei DEADLINE – Das Filmmagazin erschienen)

(Diese Kritik ist zuerst bei DEADLINE – Das Filmmagazin erschienen)