Dangerous Animals (2025) von Sean Bryne ist ein spannungsstarkes und innovatives Hai- und Menschenfresser-Duett mit zwei glänzenden Hauptdarstellern.

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Dangerous Animals markiert die fulminante Rückkehr des Australiers Sean Byrne, der mit The Loves Ones (2009) und The Devil’s Candy (2015) zwei Kulttitel des jüngeren Genrekinos vorgelegt hat. Zehn Jahre später ist er wieder da, und wie: Sein dritter Langfilm feierte seine Premiere bei der Quinzaine des Cinéastes in Cannes, jenem Nebenprogramm, das seit jeher ein sicheres Gespür für robustes, formal pointiertes Genrekino beweist. Schon dieser Rahmen deutet an, wohin die Reise geht: Dangerous Animals ist kein weiterer digital aufgeblasener Sommershark, sondern ein bedachtsam komponierter, schweißnasser Überlebens-Thriller, der Lust am Exzess mit stilistischer Akkuratesse verbindet.
Survival hoch zwei
Die Handlung ist schnörkellos und deshalb so effektiv: Zephyr (Hassie Harrison), eine nomadische Surferin, wird auf offener See entführt. Ihr Entführer Tucker (Jai Courtney) ist ein Serienmörder, der den Ozean zur Bühne und die Haie zu Werkzeugen seiner Opferungsideologie macht. Er fesselt seine Opfer, senkt sie mit makabrer Bedächtigkeit in blutgetrübtes Wasser und hält die „Zeremonie“ auf Video fest – nicht, weil Byrne seinen Schurken psychologisch flurbereit machen will, sondern um die Ritualhaftigkeit seiner Taten zu betonen. Tucker ist, wie die besten Genreantagonisten, in seiner Fixierung scharf umrissen und zugleich nur so weit erklärt, wie es das moralische Unbehagen befeuert. Dass der Film seinen Killer nicht endlos monologisieren lässt, ist Teil des Konzepts: Hier herrscht Effizienz, keine Erklärbärprosa.
Jai Courtney verleiht Tucker eine gnadenlose, fast fröhlich-diabolische Präsenz. Es ist eine der seltenen Rollen, in denen der oft auf raue Sidekicks abonnierte Australier mit genüsslicher Bosheit spielt, ohne in Cartoonhaftigkeit zu kippen. Ihm gegenüber steht Hassie Harrison als Zephyr: ein Bündel aus Physis, Intuition und lakonischer Selbstbehauptung. Harrison spielt keine „Final Girl“-Schablone, sondern eine figurierte Eigenwilligkeit, die sich in Mikrogesten entfaltet – im prüfenden Blick, im Zögern vor dem Sprung, in der sprungbereiten Ruhe. Zwischen beiden entspinnt sich ein Duell, das Byrne als maritimes Kammerspiel choreografiert: zwei Außenseiter, die ihre je eigene Mythologie vom Überleben mitbringen. Die Schärfe dieses Zweikampfs ist die eigentliche Attraktion des Films.
Tierhorror meets Serienkillerfilm
So verführerisch der Marketinghaken „Hai-Horror“ auch sein mag – das Meer und seine Bewohner sind hier weniger Antagonist als moralischer Resonanzraum. Byrne „zitiert“ Der weiße Hai (1975) in der Haltung, nicht in der Manier: Er interessiert sich für Suspense, für topografische Klarheit, für das Ausstellen von Konsequenzen, nicht für CGI-Gewummer. Die Haie erscheinen als Naturgewalt, als Amoralität der Tiefe; der wahre Schrecken ist menschgemacht. Wenn Tucker seinen Schrein aus Zeitungsausschnitten betrachtet, wirkt das wie eine perverse Kommunion, die die See als Gottheit und ihn als Hohepriester imaginiert. Dangerous Animals ist damit eine intelligente Verschmelzung von Tierhorror und Serienkillerfilm, aber mit dem lustvoll rauen B-Movie-Flair, das Byrne so gut steht.
Visuell findet der Film eine attraktive Balance aus sonnendurchglühter Weite und beklemmender Enge. Die australische Küstenlandschaft wird in kontrastreichen Panoramen etabliert, nur um Zephyr in den klaustrophobischen Metallmägen von Tuckers Boot einzusperren. Dass Byrne mit begrenzten Mitteln arbeitet, sieht man; aber er macht daraus eine Tugend: Der Film atmet jene griffige, handfeste Physikalität, die man in so manchem Genrebeitrag vermisst. Und wenn am Ende die Wellen wieder zusammenschlagen, spürt man jene kathartische Zufriedenheit, die nur ein sauber durchkomponiertes Genrefinale schenken kann.
Das Drehbuch von Nick Lepard – ein Name, den man sich merken sollte – ist enger geschnürt, als es auf den ersten Blick scheint. Lepard nimmt sich Zeit für das Anbahnen, für beiläufige Begegnungen (Zephyr und der junge Moses), um dann in einen konzentrierten Survival-Modus zu schalten, der kaum Auswege lässt und dramaturgisch sauber eskaliert. Der Text ist klug in seinen Set-ups und zahlt sie ohne redundanten Exzess aus. Bemerkenswert zudem: Lepard verantwortet auch Keeper (2025), den nächsten Horrorfilm von Osgood Perkins – ein weiterer Hinweis darauf, dass hier eine neue Autorenstimme im Genrekosmos heranwächst.
Unterm Strich: Ein effektiver, straff erzählter, oft nervenzerrender Thriller, der den Hai entmythologisiert und den Menschen als eigentliche Bestie entlarvt. Und der zugleich beweist, dass Sean Byrne nichts von seinem Gespür für Ton, Rhythmus und Härte verloren hat. Dangerous Animals ist Genrekino mit Zähnen und Haltung.